Emojis haben uns in der Hand
Auch wenn es ganz gut ohne ginge, verleihe ich vielen meiner Aussagen auf den modernen Kommunikationskanälen mit einem Smiley etwas Nachdruck. Ich bin nicht mit Piktogrammen der beschriebenen Art gross geworden. Dennoch kann ich mich ihnen kaum mehr entziehen. Und dass sich mein Sechsjähriger damit vergnügt, Emojis abzuzeichnen, zeigt, dass die kommenden Generationen ganz sicher gänzlich mit den berühmten Bildbegleitern verwachsen sein werden.
SMS, Skype, Facebook, Werbung … oder sogar in der Sammelaktion eines Schweizer Grossverteilers in Form von kleinen Figürchen mit Saugnapf: Emojis sind nicht mehr wegzudenken!
Eine US-Studie hat ergeben, dass 92 % der Menschen online regelmässig Emojis benutzen. Ich gehöre definitiv zu ihnen. Kaum mehr schreibe ich SMS ohne meine kleinen grafischen Freunde. Mittlerweile finde ich eine Meldung irgendwie unvollständig, wenn nicht zwischen den Wörtern ab und zu ein farbiges Symbol hervorsticht. Beim Verfassen von Kurztexten hüpfe ich ständig zwischen Buchstaben und Bildchen hin und her – auch wenn ich zugeben muss, dass das ewige Einfügen von Emojis eigentlich zeitraubend ist. Und nicht selten ertappe ich mich auch dabei, wie ich auf dem Handy oder auf Skype ratlos in der Emoji-Palette rumstöbere, bis ich das passende Symbol gefunden habe – in dieser Zeit hätte ich die gleiche Aussage mit Fliesstext ganz sicher auch hingekriegt.
Warum aber kann ich mich meinen Symbol-Begleitern nicht mehr entziehen? Meine Erklärung ist simpel: Ich bin schlicht und einfach Opfer eines Modetrends. Alle brauchen Emojis, Emojis gehören zu Texten wie die Mobiltelefone zur heutigen Kommunikation.
Emojis als Ausdruckshilfe
In der gleichen amerikanischen Studie geben 80 % der Teilnehmenden an, sich dank Emojis besser ausdrücken zu können.
Der Gebrauch von Emojis könnte also nicht nur mit einem Trend, sondern auch damit erklärt werden, dass Bildchen uns befreien, wenn wir nach Worten ringen. Sind wir nun also auf einem ähnlichen Niveau wie Unterstufenschülerinnen und -schüler, die mittels Smileys ihre Befindlichkeit darlegen und auf diese Weise lernen, ihre Gefühle wahrzunehmen und ihnen einen Namen zu geben? Ehrlich gesagt weiss ich nicht, ob dem so ist. Meine Argumentation pro Emoji geht eher in Richtung „Mode“. Oder ich schliesse mich der Aussage eines Jugendlichen an, die mir kürzlich zu Ohren kam und mich auch sehr überzeugte: „Eigentlich mega cool, Emojis kann man nicht falsch schreiben.“ Eine sehr schlüssige Erklärung für die Emoji-Welle, oder? Viele unter uns schreiben schlicht und einfach nicht gerne und können von sich auch nicht behaupten, sie hätten die deutsche Sprache im Griff. Ist es deshalb nicht eine grosse Erleichterung, auf eine Symbolsprache auszuweichen?
Fehlinterpretationen – auch bei Emojis
Was die Rechtschreibung anbelangt, mögen Emojis sichere Werte sein. In einem anderen Bereich sind sie jedoch wacklige Begleiter: Ihre Interpretation lässt nämlich sehr viele Möglichkeiten offen. Der erste Stolperstein im Rahmen dieser Problematik ist, dass nicht jedes Emoji auf jedem Gerät oder jeder Plattform gleich dargestellt wird. Eine US-Studie zur Gefahr der Fehlkommunikation mittels Emojis zeigt am Beispiel des sogenannten „Grinning Face With Smiling Eyes“ die Schwierigkeit unterschiedlicher Darstellung desselben Symbols auf diversen Kanälen: